WA Media GmbH 04/2017 | Till Barth
Reaktivdruck — fasertiefe Faszination
Mit dem Reaktivdruck präsentierte Araco Anfang des Jahres eine echte Innovation im Veredelungsbereich. Beim Ortstermin im niederländischen Enschede demonstrierte das Unternehmen den Produktionsprozess und die beeindruckenden Ergebnisse.
Ein T-Shirt mit Fotodruck, der kleinste Details messerscharf reproduziert. Ein Oberhemd, bei dem jedes einzelne Teil einzeln farblich gestaltet wurde – vom Kragen über Schultern, Rumpf und Ärmel bis hin zu den Manschetten. Ein Frotteehandtuch, das in polychromer Farbvielfalt leuchtet: Die ersten Produkte, auf denen Araco Anfang des Jahres sein neues Druckverfahren präsentierte, beeindrucken auf ganzer Linie. Hinter dem Reaktivdruck – so die Fachbezeichnung – verbirgt sich eine Methode, mit der sich fotorealistische Motive in hoher Auflösung, brillanter Farbwiedergabe und filigranen Verläufen auf Baumwolltextilien aufbringen lassen – schnell, individuell und ab kleinsten Stückzahlen. Nun sind fotorealistische Motive auf Textilien nicht per se etwas Neues – auch im Sublimationsdruck lassen sich sehr gute Ergebnisse erzielen. Der Reaktivdruck jedoch bietet eine Reihe von Vorteilen: „Eine der Schwächen des Sublimationsdrucks besteht darin, dass er nur auf Textilien aus Polyester oder eben mit einer entsprechenden Beschichtung realisierbar ist“, erklärt Key Account Manager Nikolas Hanft. „Für den Reaktivdruck verwenden wir Textilien aus 100% Baumwolle. Sublimationsprints ergeben auf Baumwolle keine befriedigenden Ergebnisse. Beim Reaktivdruck dringt die Farbe tief in die Faser ein und fixiert als eine chemische Bindung, was deutlich bessere Echtheiten bedeutet.
Digitales Verfahren
Initiiert und realisiert wurde das Projekt „Reaktivdruck“ in den vergangenen zwei Jahren von Araco-Gründer und -Geschäftsführer Henk Greftenhuis. „Das Druckverfahren wird im Retail häufiger angewandt, ist jedoch in der Werbeartikelbranche kaum bekannt, weil es sehr aufwendig ist“, so Senior Key Account Manager Stefan Rölver. „Zunächst hatten wir geplant, die Veredelungstechnik nur für Frotteeprodukte anzubieten, dann jedoch waren wir von den ersten Ergebnissen derart begeistert, dass wir beschlossen, die Produktion auch auf andere Textilien auszudehnen.“
Neben Frotteeartikeln bietet Araco sein neues Druckverfahren deshalb auch für Stoffbeutel, T-Shirts und Oberhemden bzw. Blusen an. Mehr als ein Jahr Vorbereitung war dafür notwendig. „Die Reaktivdruckmethode ist nicht geheim, aber sie setzt hohe Investitionen voraus – in entsprechende Maschinen und in Entwicklungsarbeit“, erklärt Hanft. „Man kann nicht einfach ‚losdrucken‘, sondern muss sehr lange experimentieren, optimieren und justieren.“ Im Gegensatz zu den konventionellen Drucktechniken, bei denen fertige Textilien veredelt werden, wird der Reaktivdruck auf Rohware – d.h. auf Stoffbahnen – vorgenommen. Erst nach dem Druck werden die Bahnen zugeschnitten und zu T-Shirts, Hemden, Taschen oder Handtüchern weiterverarbeitet.
Rund 90 m Produktionsstrecke und sieben Arbeitsschritte durchläuft ein Druckgut, bis der Druckprozess abgeschlossen ist. „Wir brauchen mindestens 90 m Stoff, um den Druckprozess zu starten, aber natürlich werden auf einer Stoffbahn mehrere Aufträge gedruckt, und die Chargen werden entsprechend geplant“, so Hanft. „Deshalb können wir quasi ab einem Stück produzieren.“ „Das Reaktivdruckverfahren ist streng genommen kein Druck-, sondern ein Färbeverfahren, denn das Motiv wird wie beim Färben in die Faser eingesogen“, erläutert Produktionsleiter Willem Ekkelkamp. „Deshalb muss der Stoff auch vorbehandelt werden. Vor dem Drucken werden die Stoffbahnen entstaubt und in Alginat, einem Verdickungsmittel, getränkt. Das ist notwendig, damit die Farbe nicht in die Baumwollfaser ‚einblutet‘. Auf diese Weise können wir in einer Auflösung von bis zu 1.200 dpi drucken und feinste Linien ab einem halben mm präzise wiedergeben.“ Die präparierte Stoffbahn wird mit Thermoklebstoff so flach wie möglich auf einem Kunststoff-Fließband fixiert, bevor sie in einer Geschwindigkeit von 1,5 m pro Minute durch den Drucker läuft. „Der Druckprozess ist digital, die Maschine vergleichbar mit einem Plotter. Je gleichmäßiger und flacher der Stoff aufliegt, desto präziser das Druckergebnis“, so Ekkelkamp. „Hier in Enschede können wir Bahnen bis zu einer Breite von 260 cm bedrucken.“
Nach dem Drucken folgt das „Herzstück“ des Reaktivdruckprozesses: Der Stoff läuft in den sogenannten „Steamer“. „Unsere Maschine, stammt ebenso wie die Druckmaschine COLARIS und die Waschmaschine vom österreichischen Hersteller ZIMMER AUSTRIA. Dabei handelt es sich um eine 13 m lange Fixiereinheit, in der der Farbstoff eine Bindung mit der Baumwollfaser eingeht und so dauerhaft fixiert wird. Der Steamer ist in dieser Ausführung der größte seiner Art, den das Unternehmen bisher gebaut hat“, berichtet Ekkelkamp stolz. „Das Dämpfen ist für den Prozess genauso wichtig wie das Drucken.“ Im Steamer wird der Stoff mit einer Temperatur von exakt 103,4°C bedampft. Dabei wird die Farbe „herausgezogen“, sie reagiert durch den Dampf mit der Baumwollfaser – daher der Name „Reaktivdruck“. Erscheint das Druckbild vor dem Bedampfen blass, strahlt es anschließend in voller Farbkraft. Es folgt ein gründlicher Reinigungsprozess, bei dem überschüssige Farbe und Fixiermittel in einer speziellen Waschmaschine unter Wasser und Vakuum entfernt werden, bevor die Stoffbahn getrocknet wird. Zu guter Letzt wird sie in einer Richtanlage wieder gerade gezogen, gespannt und für den Weitertransport aufgerollt.
Präzisionsarbeit
Während Frottierwaren direkt vor Ort zugeschnitten und gekettelt werden, wird der Rest in den Nähereibetrieben zugeschnitten. „In Kürze werden wir in Enschede einen kameragesteuerten Schneidetisch in Betrieb nehmen, der hochpräzise Schnitte erlaubt, und mit dem sich Konfektionsgrößen auf Knopfdruck justieren und ändern lassen“, kündigt Hanft an. Das abschließende Nähen erfolgt in Moldawien, bei der Araco-Tochterfirma in Cluj (Rumänien) oder – im Fall von Oberhemden – in den Niederlanden. „Das Nähen der Hemden erfordert allerhöchste Sorgfalt, schließlich müssen bei vollflächigen Prints die einzelnen Teile des Druckbildes absolut präzise anliegen“, erklärt Hanft. Wer jetzt glaubt, eine solche Lösung sei unbezahlbar, wird positiv überrascht. „Natürlich bieten wir im Reaktivdruck keine Low-Budget-Produkte“, so Rölver, „die Textilien sind jedoch auch nicht teurer als konventionell veredelte Qualitätsware. Gerade im Corporate Wear-Bereich, wo wir von überschaubaren Stückzahlen sprechen, lohnt sich das Verfahren – zumal es tolle Personalisierungsmöglichkeiten bietet.“
Einen absoluten Hingucker, der sich aus der Masse abhebt, erhalten die Kunden allemal. Bereits kurze Zeit nach dem Produktlaunch gab es erste Reaktivdruck-Kollektionen auf Branchenevents zu bestaunen, und es ist davon auszugehen, dass das Verfahren bald zahlreiche neue Fans finden wird.
Till Barth (WA Media) | www.araco.nl